Noch mehr Parasiten

Jetzt wissen wir endlich, wer an der Misere im Gesundheitssystem schuld ist! Der “SPD-Gesundheitsexperte” Karl Lauterbach klärt uns auf:

“Die PKV lebt im Grund parasitär von den gesetzlichen Kassen”, so Lauterbach. Dieses Verhalten sei “nicht schützenswert”.

Wie schön, dass uns unserer Politiker die Welt erklären: Privatpatienten sind Parasiten, Arbeitslose sind Schwarzarbeiter… was kommt als nächstes?

Reichsarbeitsdienst

Was der Herr Stefan Müller (CSU) da fordert erinnert mich persönlich doch stark an den Reichsarbeitsdienst. Und der Kerl ist auch noch “arbeitsmarktpolitischer Obmann der Unionsfraktion im Bundestag”. Seit wann ist “Obmann” ein Synonym für “Ahnungsloser”? Was der Mensch da fordert ist schon hart:

Alle arbeitsfähigen Langzeitarbeitslosen müssen sich dann jeden Morgen bei einer Behörde zum ‘Gemeinschaftsdienst’ melden und werden dort zu regelmäßiger, gemeinnütziger Arbeit eingeteilt acht Stunden pro Tag, von Montag bis Freitag. Wer sich verweigert und nicht erscheint, muss mit empfindlichen finanziellen Einbußen rechnen!

Und wer sich mehrfach verweigert wird in “Schutzhaft” genommen? Oder wie stellt sich der Mann das vor? Auf jeden Fall wird erst mal heftig gegen Arbeitslose gehetzt:

Die Langzeitarbeitslosen haben so nicht länger das Gefühl, überflüssig zu sein, gewöhnen sich wieder an regelmäßige Arbeit. Positiver Nebeneffekt: Sie können in dieser Zeit nicht schwarz arbeiten. Die Folge: Arbeit, die getan werden muss, wird dann wieder nur von Sozialversicherten erledigt. Das schafft neue Arbeitsplätze und füllt die Sozialkassen.

Ja, ist schon klar. Arbeitslose sind ja alles nur Schwarzarbeiter. Da scheint zumindest Herr Müller zu glauben.
Ach ja, da war dann noch folgendes: Sein Vorstoß ziele nicht auf einen “Arbeitsdienst wie in den dreißiger Jahren”
Ja nee, ist klar. Herr Müller, eine Frage: wenn Sie keinen Arbeitsdienst wie in den dreißiger Jahren wollen, warum schlagen Sie dann so einen Schwachsinn vor? Der einzige Unterschied zwischen ihrem Vorschlag und dem RAD: den RAD mussten alle absolvieren, Sie wollen “nur” die Arbeitslosen zur Zwangsarbeit gemeinnütziger Arbeit verpflichten…

Aber wenn man so darüber nachdenkt kann man Ihren Vorschlag ja noch ausbauen:

Gute Idee, Herr Müller, sollten wir zuerst für Abgeordnete einführen: Wer mehr als 3 Mal im Jahr ohne entschuldbaren Grund nicht bei wichtigen Sitzungen des Parlaments anwesend ist, verliert sein Mandat sowie seine Pensionsansprüche, da davon auszugehen ist, dass solchen Abgeordneten ihre korrupten Nebenjobs in der Wirtschaft wichtiger sind – bestens!

Na was halten Sie davon? Wäre doch nur fair, oder?

Ahnungslosigkeit im Amt

Warum eigentlich muss man als Minister keine Ahnung haben von den Themen, mit denen das eigene Ministerium beschäftigt ist? Zumindest muss man keine Ahnung von der Realität haben, wenn man es mal in einen der Berliner Elfenbeintürme eines der Ministerien geschafft hat. Das Leben normaler Menschen? Die Bevölkerung? Wähler? Ach was, die interessieren doch nur kurz vor den Wahlen.
Bestes Beispiel ist unsere Bundesjustizministerien Frau Zypries. Nicht nur verteidigt sie die Novelle des Urheberrechts (der “zweite Korb”) als fairen Ausgleich zwischen den Interessen der Konsumenten, der Rechteinhaber und der Rechteverwerter (obwohl es offensichtlich alles andere als ein fairer Ausgleich ist), nein, sie schafft es noch eins drauf zu setzen.
Diesmal beim Thema Abmahnungen. Frau Zypries hat dazu der c’t ein kleines Interview gegeben und es mal wieder geschafft, sich als absolut ahnungslos, zumindest aber extrem weltfremd bei diesem Thema zu outen:

Privatpersonen werden mit Abmahnungen ohnehin meist nur überzogen, wenn sie im Internet rechtswidrige Inhalte anbieten. Der passive Internet-Nutzer dagegen ist kaum Ziel von Abmahnern.

Also mal ganz langsam zum Mitschreiben für Frau Zypries. Mal abgesehen davon, dass es heute doch gar nicht mehr nötig ist (wissentlich oder auch unwissentlich) illegale Inhalte bereit zu stellen um eine Abmahnung zu bekommen sollten Sie sich eines merken: es gibt keinen “passiven Internet-Nutzer”. Nein, den gibt es nicht.
Internet ist nicht Fernsehen! Klar, man kann im Web surfen und sich von Seite zu Seite klicken ohne aktiv zu werden, aber das ist nicht alles. Aktiv wird jeder Internet-Nutzer im Laufe seines Online-Lebens. Beispiele gefällig? Gerne: die aufgelöste CD-Sammlung bei eBay, das private Weblog, die Support-Anfrage im Forum…
Und überall da lauern die Gefahren! Jawohl! Glauben Sie nicht? Bitte hier, lesen Sie:

  • Bei der CD-Sammlung ist leider eine böse illegale Kopie dabei, der Verkäufer weiss das nicht (hatte er die CD doch damals bei einem Händler gekauft), der Anwalt der Plattenfirma, der eBay regelmässig nach illegalen Angeboten durchforstet sieht das aber sofort anhand des Fotos, das unser ahnungsloser Verkäufer zur Auktion dazu gepackt hat.
  • Im privaten Weblog wird über einen Musikdienst berichtet und dieser auch verlinkt, Monate später wird es verboten diesen Dienst zu verlinken und noch bevor unser Internet-User dazu kommt, sein Weblog zu überarbeiten ist auch schon die Abmahnung im Briefkasten. Dank Google war es ein leichtes noch am Tag der Urteilsverkündung eine umfangreiche Sammlung von Seiten anzulegen, die den Dienst verlinken und daher abgemahnt werden “müssen”.
  • Unser virtueller Internet-Nutzer hat ein Problem mit dem Gerät Kleistermeister 3000 der Firma Kleistermeister AG und fragt in einem privaten Forum nach Hilfe, da ihm der telefonische Support der Kleistermeister AG leider nicht helfen konnte. Die Rechtsabteilung der Kleistermeister AG sieht durch die Frage ihren guten Ruf gefährdet, schließlich sind alle Kleistermeister der 3000er Serie kinderleicht zu bedienen und der Support vorbildlich…

Nur einmal hat unser virtueller Internet-User etwas illegales angeboten, diese eine CD – aber es war für ihn nicht erkennbar, dass es sich bei der CD nicht um eine originale Veröffentlichung handelt – er hat sie ja regulär im Handel erworben. Der Link zum Musikdienst wurde erst nachträglich illegal und die komische Logik mancher Firma, wenn jemand Probleme mit deren Service oder den Produkten hat ist für niemanden mehr nachzuvollziehen.

Aber Sie sind weiterhin der Meinung, dass ja grundsätzlich alles okay so ist? Ein klein wenig Korrektur im Bereich der Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen und das war es? Ja? Na dann noch einen schönen Tag im Elfenbeinturm Ministerium… Und nicht irritieren lassen von ihren Wählern

Selbst wenn…

selbst wenn jeder zweite Hartz-IV-Empfänger durch Lug und Trug seine Armut veredelte, der Schaden des Fiskus noch immer lächerlich gering verglichen mit dem, was ihm Jahr für Jahr durch Steuerhinterziehung entgeht

Das schreibt Christian Bommarius in der Online-Ausgabe der Berliner Zeitung. Und man kann das nicht oft genug sagen und schreiben. Spätestens wenn man dann auch noch liest, wie der Staat seine Bürger ungleichmässig belastet wird einem schlecht (wenn einem vorher nicht schon schlecht war). Es ist unglaublich, aber Deutschland schafft es gleichzeitig zu hohe und zu niedrige Steuern zu haben:

Zu hoch, zu niedrig – was stimmt denn nun? Beides. Das ist das deutsche Steuer-Paradox: Die Steuersätze sind hoch – und trotzdem sind die Einnahmen gering. Während die einen unter der Abgabenlast stöhnen, lachen sich die anderen ins Fäustchen. Den Arbeitnehmern wird die Lohnsteuer schon bei der Gehaltsabrechnung abgezogen – Spekulanten dagegen kassieren Aktienkursgewinne nach einem Jahr steuerfrei. Kleinsparer müssen für jeden Euro über dem Freibetrag Zinsabschlagsteuer zahlen – Vermieter aber machen jahrelang Verluste geltend und verbuchen den Wertzuwachs ihrer Immobilie am Ende steuerfrei. Handwerker müssen jeden Euro Überschuss im Land versteuern – Konzerne jedoch können ihre Gewinne ganz legal in Länder mit niedrigeren Steuersätzen verschieben.

Und die Arbeitnehmer sind die Dummen…

Beide Texte via Chris’ Linktipps zum Wochenanfang – wobei auch die anderen Links einen Klick wert sind.

Merkelcast

Na da schau an, unsere (nein, nicht meine ;-)) Bundeskanzlerin videocastet jetzt also. Jede Woche soll es “Die Kanzlerin direkt” geben. Auch bei iTunes gelistet. “Huch, sind denn schon wieder Wahlen?“, war mein erster Gedanke – und ich will wetten, da bin ich nicht alleine.
Mal schauen, wie lange es diesen Videocast geben wird. Jede Woche? Wie viel Podcast-Hörer gibt es in Deutschland? Alex Wunschel schätzt die Zahl auf 80.000 bis 750.000. Und wie viele davon werden sich jede Woche eine Neujahrsansprache von Frau Merkel anhören wollen?

“Freiheit statt Sicherheitswahn” – Demo am 17.6. in Berlin

"Freiheit statt Sicherheitswahn" - Demo am 17.6. in Berlin

Der Überwachungswahn greift um sich. Staat und Unternehmen registrieren, überwachen und kontrollieren uns immer vollständiger. Egal, was wir tun, mit wem wir sprechen oder telefonieren, wohin wir uns bewegen, mit wem wir befreundet sind, wofür wir uns interessieren, in welchen Gruppen wir engagiert sind – der “Big Brother” Staat und die “Little Brothers” aus der Wirtschaft wissen es immer genauer. Diese Totalüberwachung bringt enorme Missbrauchs- und Fehlerrisiken mit sich. Die BND-Bespitzelung ist nur das neueste Beispiel dafür, dass die ausufernde Überwachung unserer freiheitlichen Demokratie insgesamt schadet.
Hinzu kommt: Wer sich ständig überwacht und beobachtet fühlt, kann sich nicht mehr unbefangen und mutig für seine Rechte und eine gerechte Gesellschaft einsetzen. Es entsteht eine unkritische Konsumgesellschaft von Menschen, die “nichts zu verbergen” haben und dem Staat gegenüber – zur vermeintlichen Gewährleistung totaler Sicherheit – ihre Freiheitsrechte aufgeben. Derartig tiefgreifende Grundrechtseingriffe zur Kriminalitätsbekämpfung sind absolut unangemessen. Sicherheit um jeden Preis – koste es, was es wolle – lehnen wir ab. Eine solche Gesellschaft wollen wir nicht!
Um gegen Sicherheitswahn und die ausufernde Überwachung zu protestieren, gehen wir am 17. Juni 2006 in Berlin unter dem Motto “Freiheit statt Sicherheitswahn” auf die Straße. Treffpunkt ist der Alexanderplatz um 14 Uhr. Der Protestzug beginnt um 15 Uhr.
Wir rufen alle Bürgerinnen und Bürger auf, an der Demo teilzunehmen. Die Politiker sollen sehen, dass die Bürger für ihre Privatsphäre wieder auf die Straße gehen!
Auf der Demo-Homepage (http://www.FreiheitStattSicherheitswahn.de) finden sich jeweils die neuesten Infos zur Demo und zu Anreisemöglichkeiten. Wer mit dem Kfz anreist, möge freie Plätze für Mitfahrer/innen bitte melden. Es werden noch dringend Leute gesucht, die vor Ort mithelfen oder Material, Technik o.ä. zur Verfügung stellen können.

(via Netzpolitik.org)

Mal zu Hartz IV…

Was derzeit gegen Arbeitslose und vor allem ALGII-Empfänger gehetzt wird ist echt nicht mehr normal. Da wird eine Kostenexplosion herbei geredet, ALGII-Empfänger pauschal zu Betrügern gemacht und es werden immer mehr Kürzungen und Verschärfungen gefordert. Klar, wir wissen ja alle, das Problem sind nicht die fehlenden Arbeitsplätze, sondern nur die faulen Arbeitslosen, oder etwa nicht?

Ein bisschen was zum Lesen:

Und zum Schluss noch lesen, wie es in Zukunft vielleicht aussehen könnte.

Warum die Wohlfahrtsverbände Kürzungen befürworten

Die Chefs einiger Wohlfahrtsverbände fordern die Hartz IV Leistungen weiter zu kürzen. Warum das fragt man sich? Na ganz einfach: sie wollen die entsprechend eingesparte Kohle für ihre eigenen Verbände haben. Was die Herrschaften als “Anreiz zur Arbeitsaufnahme” bezeichnen heisst nichts anderes als “Zwang zu 1-Euro-Jobs”.
Wer 1-Euro-Jobber beschäftigt hat nämlich nicht einfach eine billige Arbeitskraft, besser, der verdient damit richtig Geld. Bei den NachDenkSeiten wird das mal vorgerechnet:

– Zusammen mit dem Geld für die Ein-Euro-Zahlungen an den Arbeitslosen wird den Trägern der Ein-Euro-Maßnahme, also den karitativen und anderen gemeinnützigen Organisationen, ein Betrag für die Verwaltung der Ein-Euro-Jobber gezahlt. Der Gesamtbetrag ist seltsamerweise Verhandlungssache. Es dürfen bis zu 500 Euro sein. Der Betrag dürfte nach Schätzungen zwischen 300 und 500 Euro pro Monat liegen.
– Bei Arbeitszeit mit einer Höchstgrenze von 30 Stunden pro Woche kommt ein 1-Euro-Jobber also auf rund 130 Stunden im Monat, das macht 130 Euro im Monat. Es kann ein bisschen mehr sein, weil manche Organisationen mehr als einen Euro zahlen. ? Wenn wir zum einen davon ausgehen, dass im Durchschnitt 400 Euro (= die Mitte zwischen 300 und 500) als Zahlung der Bundesagentur an die gemeinnützigen Organisationen ausgehandelt werden, und zum anderen annehmen, es würden im Schnitt 150 Euro pro Arbeitslosen gezahlt, dann bleiben nach dieser Rechnung 250 Euro als Verwaltungskostenentschädigung bei den Trägern der Maßnahme hängen. Der Träger bekommt also nicht nur eine kostenlose zusätzliche Arbeitskraft, er bekommt noch 250 Euro obendrauf. Bei 10 engagierten Ein-Euro-Jobbern sind das 2500 und bei 100 engagierten Personen 25.000 Euro im Monat.

Na das passt ja zur Linie, die Arbeitsminister Müntefering vorgegeben hat: “Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen“.