FDP legt zu

Diesmal nicht im Tempo beim Umfallen, sondern bei den Umfragen. Und ich gebe ja auch zu, als ich mir (zumindest teilweise) die Rede von Westerwelle zum “Auftakt der heissen Wahlkampfphase” da gestern Abend in n-tv angeschaut habe musste ich an einigen Stellen schon zustimmend nicken. Ja klar, dass mit dem Ladenschlussgesetz und dass sich der Staat doch bitte aus dem Privatkram seiner Bürger raus halten soll, Bürgerrechte usw. Hat er ja schon recht. Aber dass seine Zuhörer erst “sie alle, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer”, aber später “traditionell selbstständig” waren hat mich dann doch leicht verwirrt. Wurde das Publikum zwischen drin ausgetauscht? Egal…
Ach und noch was Herr Westerwelle: was das Dosenpfand-Desaster angeht, da sollten sie vielleicht noch mal mit ihrer zukünftigen Wunschkanzlerin und Umweltministerin a.D. (na, klingelt’s?) Angela Merkel reden, die kann ihnen da Sachen erzählen…

Kann die sich mal entscheiden?

Na Frau Merkel, so ganz unrecht hat die SPD wohl doch nicht – mit Entscheidungen haben Sie es nicht so, oder? Beispielsweise in Sachen Arbeitslosengeld II und der Angleichung des Ost-Satzes an den West-Satz oder eben der Nicht-Angleichung oder der Senkung in einigen Regionen im Westen oder jetzt doch wieder Angleichung Ost an West, aber nur wenn die Länder wollen oder wie jetzt? Aber die Länder können doch normal gar nicht entscheiden, wie viel Geld der Bund für eine Leistung ausgibt, also zumindest mal nicht so individuell… Frau Merkel, wenn Sie alle Wähler so sehr verwirren wollen, dass sie am 18.9. gar nicht mehr wissen, wen sie denn nun wählen wollten: machen Sie weiter, Sie sind auf dem besten Weg…

Die Geister, die ich rief…

Ich würde ja was wetten, dass sich Angie Merkel in der Zwischenzeit ernsthaft fragt, ob Kirchhof in ihr “Kompetenz”-Team zu holen nicht einfach eine bescheuerte Idee war. Kaum ist er drin, muss sie ihn auch schon zurück pfeifen – nur lässt er sich nicht so richtig zurück pfeifen, wie auch eine Reihe anderer Unions-Politiker. Zumindest hat er mal eine Diskussion zur Vereinfachung des Steuersystems in Gang gebracht – auch wenn man (wie ich) seinen Vorschlag einer Einheitssteuer nicht für ideal hält, zumindest die Richtung stimmt. Weg mit den komplizierten Ausnahmen und einfache Regeln und Steuersätze… Nur sollte man dabei weiterhin den Grundsatz “wer viel hat kann auch viel beitragen” bei den Steuersätzen berücksichtigen. Da mögen noch so viele schreien, es wäre gerecht, wenn alle 25% zahlen – fair ist es nun mal nicht. Vor allem würde ein Einheitssteuersatz von 25% gerade für die unteren Einkommen eine massive Steuererhöhung bedeuten (von 15 auf 25%), während es für die Spitzenverdiener eine prima Steuersenkung wäre. Was daran gerecht sein soll konnte mir bisher keiner schlüssig erklären, genau so wenig, wo da die Bezieher niedriger Einkommen profitieren sollen. “Super, es ist viel einfacher, dafür zahle ich nur noch fast das Doppelte?” Ich weiss ja nicht…

Gysi und Lafontaine entzaubern!

Das fordert Patrick Meier im Wahlblog. Es ist ja alles ganz einfach:

Wenn es den Politikern der demokratischen Parteien gelingt den Menschen klar zu machen, dass die Ziele von Lafontaine und Gysi nicht zu Wachstum und Arbeit führen, sondern zu noch mehr staatlich gelenkter Wirtschaft, dann dürfte die Linke.PDS keine Chancen haben bei der Bundestagswahl drittstärkste Kraft zu werden.

Mal ‘ne dumme Frage: Was nun aber, wenn die Leute gar kein Wachstum wollen, sondern lieber eine staatliche gelenkte (oder zumindest stärker regulierte) Wirtschaft, weil sie glauben, dass sie persönlich in so einer Umgebung das bessere Leben hätten?
Warum geht eigentlich immer jeder davon aus, dass sich alle Wähler für die Wachstums-Interessen der Wirtschaft interessieren müssten? Schon mal daran gedacht, dass es den meisten nur um ihre eigene Situation geht – und dass sich die durch größere Unternehmensgewinne (und darum geht es immer, wenn jemand von Wachstum redet) nicht zwangsläufig verbessert wissen wir ja inzwischen alle… Im Gegenteil: immer höhere Unternehmensgewinne, immer geringere Steuern für Unternehmen und trotzdem immer mehr Arbeitslose. Das sieht doch ein Blinder, dass die Formel “geht es den Unternehmen gut, dann geht es allen gut” nicht funktioniert.
Damit will ich nicht behaupten, dass das Programm der Linkspartei eine bessere Zukunft garantiert, aber es wäre zumindest mal ein anderer Versuch statt der immer gleichen Leier bei der die weiter belastet werden, die eh schon nichts oder wenig haben und offensichtlich denken so rund 10-12% der Menschen in diesem Land.

Geklaute Wahlkampfspots und Waffenhändler

Auch wenn die Chance auf einen Wahlsieg nicht besser aussehen – in Sachen Wahlwerbespot hat die SPD gewonnen. Die Kurzform: die SPD stellt einen Tag vor der Präsentation des offiziellen Wahlwerbespots der Union ihre Antwort darauf vor. Offensichtlich hat bei der Union oder deren Werbeagenturen jemand geplaudert. Was ein Spass…

Andere Probleme hat dagegen die ach so arme FDP. Die Partei ist ja so arm dran, dass sie zur Finanzierung des Wahlkampfs angefangen haben diversen Sperrmüll diverse Erinnerungsstücke ihrer Prominenz zu versteigern. Jetzt führte aber der alte Spazierstock von Otto Graf Lambsdorff aber zu Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Vorwurf: unerlaubter Waffenbesitz und gewerbsmäßiger Waffenhandel. Und das alles nur wegen einem Dolch oder Brieföffner, der mal in dem Stock eingearbeitet war… Noch mehr Spass… 😀

So kann man es auch machen

Geschickte Taktik, die Union verspricht in ihrem Wahlprogramm etwas für 2009, was die aktuelle Regierung schon dieses Jahr umsetzt. Und dementsprechend ist natürlich klar, dass die Union das Vorhaben unter einen Slogan von Kanzler Schröder aus dem Jahr 2000 stellt. Tja liebe Union, da helfen auch keine Podcasts, aber (zumindest wenn es um den Online-Bereich geht) hinkt ihr der SPD hinterher. Aber auf dem Weg könnt ihr euch bei der nächsten Wahl natürlich hinstellen und auf Eure ausgezeichnete Bilanz im Bereich E-Government verweisen: “Im letzten Wahlprogramm für 2009 versprochen und schon vor der Wahl 2005 umgesetzt”…

Die Hälfte weiss es immer noch nicht

Mal ehrlich: ist ja auch eine schwere Entscheidung – wen soll man am 18. September wählen? Einerseits führen schwarz-gelb in den aktuellen Umfragen noch knapp (42% Union, 7% FDP) vor einer theoretischen Koalition aus SPD, Grünen und Linkspartei, aber noch nicht mal die Hälfte der Wähler hat sich bisher entschieden, wem sie ihre Stimme geben wollen (West: 49%, Ost: 45%). Es bleibt also spannend…
Und nach der Beliebtheit von Politikern befragt: Stoibers Ausfälle haben anscheinend Angela Merkel gestärkt (+5) – ihn selbst aber massiv geschadet (-14). Aber insgesamt hatte er damit offensichtlich Erfolg, so unglaublich es klingt. Um sein eigenes Ansehen (für einen evtl. Wechsel nach Berlin?) wieder etwas aufzupolieren hat sich Ede inzwischen zumindest zu einem Bedauern durchgerungen, welches er aber gleich wieder relativiert: er sei aber auch missverstanden worden.

War ja zu erwarten…

Da holt sich Frau Merkel jemanden in ihr “Kompetenz”-Team, der das Steuermodell radikal vereinfachen will und schon ist das Geschrei auch in den eigenen Reihen groß. Man kann sicher darüber streiten ob eineinheitlicher Steuersatz von 25% auf alle Einkommen unabhängig von Art und vor allem Höhe der Einkommen wirklich fair und gerecht ist, aber zumindest die Richtung stimmt mal: weg mit den Vergünstigungen und dafür ein niedriger Steuersatz. Wobei ich schon denke, dass man den Grundsatz “Wer viel verdient kann auch mehr für die Gemeinschaft beitragen” beibehalten sollte, also einen mit dem Einkommen steigenden Steuersatz. So was zwischen 10 und 30%, dazu ein Grundfreibetrag pro Person und fertig. Braucht es denn mehr? Na das wäre wahrscheinlich auch schon zu einfach…
Man schaue sich einfach mal den Vergleich der Steuerpläne der Parteien an. Anscheinend ist die FDP die einzige Partei, die ein Konzept im Programm haben, die Einkommenssteuer so radikal zu ändern:

Jeder soll Grundfreibetrag von 7.700 Euro erhalten. 15% Einkommensteuer für Einkommen von 7.701 bis 15.000 €; 25% für 15.000 bis 40.000 €; 35% für höhere Einkommen. Steuerklasse V soll wegfallen. Begründung: V mindert Arbeitsanreize für den geringer verdienenden Ehepartner. Ausnahmen und Befreiungen werden abgeschafft.

Vielleicht würde es in diesem Punkt tatsächlich unser Land weiter bringen, wenn schwarz-gelb mit einem Finanzminister Kirchhof an die Macht käme – wobei ich aber bezweifle, dass Kirchhof wirklich Finanzminister würde und selbst wenn: die FDP ist nun nicht unbedingt dafür bekannt in Koalitionen besonders fest auf eigenen Positionen zu beharren, um es mal vorsichtig zu formulieren – “wer mitregieren will muss artig sein” (in den Kommentaren).