Erinnert sich noch jemand an die Zeiten, in denen es ständig irgendwelche gegenseitigen Anfeindungen von Journalisten und Bloggern gab? Also bevor das immer weniger zu unterscheiden war, bevor immer mehr Journalisten auch online veröffentlicht und vermehrt Blogger nach journalistischen Standards gearbeitet haben? Bevor immer mehr Journalisten und Redaktionen die verschiedenen Werkzeuge zum Veröffentlichen im Netz für sich entdeckt haben und Blogs teilweise nicht mehr von Magazinen zu unterscheiden waren? Ja, die Klowand-Zeiten 😉 Man sollte ja meinen, dass diese Zeiten des gegenseitigen Nicht-Verstehens endlich vorbei wären.
Aber offensichtlich arbeiten in den Redaktionen und Verlagen heute noch einige Menschen, die dieses Unverständnis nicht aufgeben wollen: Auf der einen Seite die Dinosaurier (ob im Journalismus, in der Industrie oder in der Politik), die das Internet, die Technik und die sich dort tummelnden Menschen nicht verstehen und auf der anderen Seite die Menschen, die regelmäßig das Internet nutzen und nicht verstehen, wie man das Internet nicht verstehen kann. Anlässlich der Pläne für ein europäisches Leistungsschutzrecht, welche wir dem EU-Kommissar gegen digitale Wirtschaft und Gesellschaft Oettinger verdanken, hat Gabor Steingart vom Handelsblatt dieses Nicht-Verstehen(-Wollen) perfekt in einen einzigen Tweet verpackt.
Deutlicher kann sich jemand nicht hinstellen und in die Welt hinausposaunen, dass man das Web genau überhaupt nicht verstanden hat. Ja, freie Links sind das Rückgrat des Webs (und damit des inzwischen größten Teil des Internets, aber ich will nicht darauf herumreiten, dass der Mann den Unterschied zwischen Web und Internet nicht verstanden hat), denn ohne das freie Verlinken auf andere Inhalte würde das Web nicht funktionieren. Wer würde denn noch irgendwas ins Internet schreiben und vor allem mit weiterführenden Links garnieren, wenn man bei jedem Link erst nachfragen oder gar für das Verlinken bezahlen müsste? Ernsthaft? Das ist dämlich. Alleine die Idee, dass man für das Hinweisen auf einen Inhalt demjenigen etwas bezahlen soll, auf dessen Inhalt man hinweist ist so was von dämlich… Oder bezahlt das Handelsblatt seit neustem die Unternehmen, die Anzeigen buchen? Oder für Zitate? Hinweise auf andere Zeitungen? Wäre mir neu…
Niemand hindert einen Verlag oder auch einen einzelnen Blogger daran, die eigenen Inhalte hinter einer Paywall zu verstecken. Wenn diese dann jemand lesen (oder sehen oder hören) will, dann zahlt der dafür und gut ist. Wenn diese Inhalte dann entsprechend gut und einfach zu verlinken sind, dann klappt das womöglich sogar richtig gut, damit Geld zu verdienen. Aber sich hinstellen, die Inhalte ohne Beschränkung frei ins Netz stellen und auf sprudelnde Werbeeinnahmen hoffen und dann zu verlangen, dass diejenigen dafür bezahlen sollen, die auf diese Inhalte hinweisen, ist schon reichlich (es tut mir leid, aber mir fällt gerade keine freundliche Umschreibung ein) bescheuert.
Ganz ehrlich: Bei den Plänen für ein europäisches Leistungsschutzrecht für Verleger bleibt doch nur die Frage, wer hier hassenswerter ist: Die Verlagslobbyisten, die diesen Entwurf offensichtlich diktiert haben oder die Politiker, die sich diesen Quatsch aus welchen Gründen auch immer diktieren liessen. Mein Stiefvater hätte wohl gesagt, man könne sie alle zusammen in einen Sack stecken und drauf schlagen, man würde niemals einen erwischen, der die Schläge nicht verdient hätte. Er war da etwas rustikaler und weniger pazifistische eingestellt als ich.
Ach ja, ich vermute mal, dass dieser Tweet auch bedeuten soll, dass das Handelsblatt in Zukunft nicht mehr verlinkt werden möchte? Okay, das sollte hinzubekommen sein.
Dies ist ein Crosspost aus meinem privaten Weblog, passt hier ja auch gut rein 😉