Okay, die Schwarzarbeit in Deutschland hat also einen Umfang, der in etwa 8,124 Millionen Vollzeit-Arbeitsplätzen entsprechen soll. Es gibt aber “nur” 4,535 Millionen Arbeitslose – es wäre also genug Arbeit da, oder etwa nicht? Wenn jetzt bald Arbeitslose jeden Morgen antreten müssen und nicht mehr schwarz arbeiten können ist das Problem der Arbeitslosigkeit bald erledigt, oder? Ach wie schön…
Aber mal ernsthaft: mich würde ja viel mehr interessieren wer für wen zu welchem Preis und in welchem Umfang schwarz arbeitet. Man hat ja schon davon gehört, dass es auch Handwerker geben soll, die ein Angebot auch mal mündlich um eine ohne-Rechnung-Alternative ergänzen. Wenn man aber weiss, wer für wen zu welchem Preis wie viel schwarz arbeitet kann man sich doch auch überlegen, welche Maßnahmen die Schwarzarbeit wirklich effektiv reduzieren könnten. Aber einfach mal pauschal auf AlgII-Empfänger einschlagen ist viel einfacher, was?
Schlagwort: politik
Prioritäten setzen
Ja, man muss Prioritäten setzen, das gilt auch und gerade für Politiker. Na dann schauen wir doch mal, wo die deutschen Politiker ihre Prioritäten setzen.
Einmal haben wir das Verbot von Tabakwerbung. Auf der einen Seite stehen etwa 143.000 von Tote jedes Jahr, auf der anderen die 300 Millionen Euro schweren Interessen der Werbewirtschaft. Das Verbot der Werbung kommt von der EU und Deutschland klagt dagegen. Begründung: die EU wäre da gar nicht zuständig gewesen. Das sieht zwar nur Deutschland so, ist aber egal.
Dann haben wir die Vorratsdatenspeicherung bei der Telekommunikation. Jeder EU- und damit auch jeder Bundesbürger wird damit unter Generalverdacht gestellt, die Unschuldsvermutung wird umgekehrt und man greift massiv in die Privatsphäre der Bürger ein. Die Rechtsgrundlage passt hier anscheinend nicht, das sieht man nicht nur in Deutschland, sondern auch in Irland und der Slowakei so. Irland und die Slowakei klagen, Deutschland nicht.
Jetzt mag sich jeder selber überlegen, wo unsere Politiker ihre Prioritäten setzen und ob man sich von diesen Politikern anständig vertreten fühlt…
Interpretationsspielräume
Mitte Mai hat der Bundesrat in einer Stellungnahme den Entwurf der Bundesregierung kritisiert, jetzt schon liegt die Antwort darauf der Bundesregierung vor. Um es kurz zu machen: auch von der Kritik des Bundesrats lässt sich die Regierung nicht von ihren katastrophalen Plänen der Novelle abbringen. Und der Bundesrat bekommt – das tröstet ein wenig – genau so schwammige Antworten wie das Walhvieh, zum Beispiel:
“Die Bundesregierung geht, wie in der Begründung des Gesetzentwurfs dargestellt, im Übrigen davon aus, dass der Vorrang des Angebots der Verlage nur dann eingreift, wenn dieses Angebot auch zu angemessenen Konditionen erfolgt”. Es werde daher im eigenen Interesse der Verlage liegen, ihre Konditionen “angemessen” auszugestalten.
Und was ist angemessen? Mal schauen, was da irgendwann die Gerichte entscheiden… Wie auch bei der Frage, was nun eine “Umgehung eines Kopierschutzes” ist. Nur nix festlegen, sondern so weich wie es nur geht…
Okay, es ist klar, dass Gesetze eine gewisse Unschärfe haben müssen, sonst wären sie noch länger und unverständlicher – aber man kann es auch übertreiben! Man könnte aber auch auf den Gedanken kommen, es handele sich einfach um Inkompetenz. Ist ja nur so ein Gedanke, immerhin hat es das Bundesjustizministerium nicht geschafft eine Musterwiderrufsbelehrung zu bauen, die auch den entsprechenden gesetzlichen Vorschriften genügt? Hallo? Haben die keine Juristen im BMJ oder haben die die Gesetze einfach nur anders interpretiert als die Richter?
Aber beim Urheberrecht schafft man wieder riesige Interpretationsspielräume – ausbaden müssen es ja andere. Und damit es nicht so auffällt macht man es schrittweise: zuerst verbietet man das Umgehen eines Kopierschutzes, toleriert es aber in gewissen Grenzen (Privatkopie) – damit kann man leben, schließlich ist es in so einem Fall egal, ob eine analoge Kopie nun ein “Umgehen” im Sinne des Gesetzes wäre oder nicht, so lange es nur für eine Privatkopie geschieht ist es irrelevant… In der zweiten Runde wird dann aber die Ausnahme raus geschmissen. Man darf nicht mal mehr zum privaten Gebrauch einen Kopierschutz umgehen. Und wenn man mal nachfragt, was das soll heisst es aus dem Ministerium: Hey, was wollt Ihr denn? Das Umgehen war doch schon vorher verboten, daran ändert sich doch nix…
Aber dann wundern, wenn man sich als Wähler verarscht vorkommt… für wie blöd halten die uns eigentlich?
Missbrauch, überall nur Missbrauch…
Im lawblog gelesen: Prozesskostenhilfe auf dem Prüfstand.
Bisher ist es ja so, dass jemand, der sich die Kosten eines Prozesses nicht leisten kann Prozesskostenhilfe beantragen kann. Das nicht nur, wenn dieser jemand verklagt wird, sondern auch, wenn er selber jemanden verklagen möchte. Diese Hilfsleistung soll sicher stellen, dass jeder die gleichen Möglichkeiten hat, Streitfälle von einem Gericht klären zu lassen und nicht nur die, die es sich leisten können.
Jetzt gibt es aber eine ganz schlimme Form des Missbrauchs. Nein, ich meine damit nicht den im Beitrag angesprochenen Einzelfall aus Gütersloh. Diesen Fall schiebt man sicher gerne vor, passt er doch ins Bild der bösen “Sozialschmarotzer”. Es geht wohl eher um diese frechen Bezieher von AlgII, die der Meinung sind ihnen stünde mehr zu. Und statt einfach zu akzeptieren, was ihnen da zugestanden wird wollen die auch noch gegen die Bescheide klagen. Und jetzt kommt die unglaubliche Frechheit: dazu beantragen die auch noch Prozesskostenhilfe. So geht es ja nun nicht, es soll gefälligst nur klagen, wer sich das auch selber leisten kann, oder was?
Was für eine “Explosion”…
Ständig hört man von der angeblichen “Kostenexplosion” beim AlgII und Horrorzahlen von bis zu 25% Missbrauch werden uns um die Ohren geschmissen. Nur: das alles stimmt nicht. Zumindest lassen sich diese Zahlen nicht belegen.
Zum Thema Kostenexplosion sagte Franz Müntefering am 1.6.2006:
Ich will damit nur klarstellen: Was die Entwicklung der Kosten im Bereich des Arbeitslosengeldes II angeht, so ist auch dies unter Kontrolle. An dieser Stelle findet keine Kostenexplosion statt.
Und was den Missbrauch angeht spricht man in der Bundesagentur für Arbeit von 5%, die erwähnten 20-25% werden nicht bestätigt, selbst die 5% werden relativiert:
“Unsere Zahlen können Annahmen von 10, 20 oder 25 Prozent an Betrugsfällen, wie sie in Berlin gelegentlich genannt werden, in keiner Weise stützen”, heißt es dort. Selbst die von der Bundesagentur kommunizierten ca. 5% werden nicht automatisch als Missbrauch definiert. BA-Sprecher John-Philip Hammersen erläuterte, es handele sich unter anderem auch um verspätete Statusmeldungen wie nach einer Krankheit usw.
Und wozu nun diese Horrorzahlen? So schwer ist das doch nicht:
Ohne in Verschwörungstheorien zu verfallen, muss man sich fragen, warum vehement falsche Zahlen kommuniziert wurden und werden, die dazu dienen (können/sollen), ein falsches Bild über die ALGII-Gesetzgebung und die Leistungsempfänger entstehen zu lassen. Eine Erklärung wäre, dass man weitere Einschränkungen der Leistungsempfänger in Bezug auf Datenschutz und Privatsphäre wie beispielsweise im Optimierungsgesetz vorgesehen, plant und sich so die öffentliche Zustimmung sichern will. Dafür scheinen Politiker auch durchaus hinzunehmen, wahlweise als inkompetent oder uninformiert zu gelten. Denn sich vor Diskussionsrunden oder anderen Terminen die konkreten Zahlen geben zu lassen, ist keine so schwierige Angelegenheit. Dass darauf verzichtet wurde und wird und stattdessen weiterhin mit Zahlen jongliert wird, die um ein Vielfaches höher sind, spricht eine deutliche Sprache. Unangekündigte Wohnungskontrollen durch Außendienstmitarbeiter der Agenturen jedenfalls wurden im Optimierungsgesetz beschlossen und mit den hohen Missbrauchsquoten begründet.
Bleibt eine Frage, die ich gestern schon gestellt habe: sind es Menschen, die einen kreativen Umgang mit der Wahrheit pflegen, die in die Politik gehen oder verändert die Tätigkeit als Berufspolitiker Menschen in diese Richtung? Tatsache bleibt: langsam aber sicher übertreiben sie es…
Ich bin bestimmt kein großer Anhänger von Ethik und Moral,
wenn ein Politiker mich belügt, find ich das eigentlich normal,
mehr erwart ich nicht von ihm und solang er’s nicht übertreibt,
ist mir schon klar, daß ihm im Grund auch gar nichts andres übrigbleibt.
Meinen Glauben an die Demokratie kann das nicht ernsthaft störn,
aber eines mag ich echt bei aller Liebe nicht mehr hörn.
Dieses Geschwätz die ganze Zeit, egal welche Gelegenheit,
unser dringendstes Problem, das wär die Arbeitslosigkeit.
Das Gesundheitsministerium bastelt ein eigenes Internet (Update)
Das Gesundheitsministerium in einem Topf mit dem ADAC und Callboy Torsten. Alle drei glauben nämlich, dass sie es anderen vorschreiben können ob und wie auf sie gelinkt wird. Naja, wobei sich die beiden Erstgenannten dabei wenigstens klar ausdrücken.
Die Grüne Jugend hat es dabei mit dem Gesundheitsministerium und will den Streit auch ausfechten. Mal schauen wie es aus geht…
Vielleicht ist die Ministerin ja nicht so erkenntnisresistent wie der Herr Torsten R. aus B., denn auch bei ihr versucht es Udo Vetter mit einem Hinweis in seinem Weblog.
(via netzpolitik.org)
Update: inzwischen hat das BMG auf Udo Vetters Anfrage geantwortet. Kann man kurz zusammenfassen: “Die anderen machen das doch auch…”
26.000 Euro für vier Video-Ansprachen
Nicht schlecht: für die ersten vier Ausgaben des “Video-Podcasts” – ja, die wöchentliche Neujahrsansprache im Netz – unserer Bundeskanzlerin wechselten mal eben 26.000 Euro den Besitzer. Und wer hat es erfunden bezahlt? Genau, wir.
Okay, im Vergleich zu anderen Summen in der Bundespolitik nicht wirklich viel – man denke nur daran, was das neue Arbeitsamt-Logo gekostet hat. Aber mal ernsthaft: 26.000 Euro? Echt jetzt? Wofür denn?
(via Spreeblick)
Lachhaft
Das ist doch nicht ernst gemeint, oder? Frau Merkel bittet also um Lehrstellen? Und das ist alles? Um mehr Lehrstellen bitten? Nachdem das mit dem Ausbildungspakt mal wieder nicht so recht klappen will sagt die Frau Bundeskanzlerin jetzt lieb Bitte-Bitte? Wenn sich die Unternehmen also nicht an ihre Selbstverpflichtung halten, dann werden sie sich sicher umstimmen lassen, wenn Frau Merkel Männchen macht einen Brief schreibt. Ist klar…
Probleme mit den Erntehelfern
Also diese Zahlen aus dem Bericht bei tagesschau.de hätte ich dann doch gerne mal genauer aufgeschlüsselt:
An der Umfrage beteiligten sich rund 400 Betriebe, die insgesamt 2064 inländische Erntehelfer bei den Agenturen für Arbeit beantragt hätten. Die Arbeitsämter stellten ursprünglich sogar mehr Helfer in Aussicht – nämlich 2451. Von diesen seien 1405 zum Vorstellungsgespräch erschienen, von denen wiederum 602, also rund ein Drittel, einen Arbeitsvertrag unterzeichneten. 589 seien schließlich bei der Arbeit erschienen – 267 von ihnen seien allerdings schon nach kurzer Zeit nicht mehr im Einsatz gewesen. Nach Angaben des Verbandes waren nach einer Woche noch insgesamt 322 Inländer im Einsatz.
Aus welchem Grund sind denn 1046 Leute gar nicht erst zum Vorstellungsgespräch erschienen? Und warum wurde das der jeweils zuständigen Agentur für Arbeit nicht gemeldet bzw. warum hat die dann keine anderen Leute geschickt? Und von denen bei den Vorstellungsgesprächen waren gerade mal 602, die einen Arbeitsvertrag unterschrieben haben? Und der Rest? Wollten die nicht? Waren sie nicht geeignet? Und wieder: 2064 Leute wurden gebraucht, nur 602 unterschreiben einen Arbeitsvertrag – warum wurde das nicht der jeweils zuständigen Agentur für Arbeit gemeldet? War doch spätestens da schon klar, dass die Zahl der Erntehelfer nicht ausreichen würde. Von den 602 sind dann 13 gar nicht erst zur Arbeit erschienen, aber warum? Wollten die nicht? Lag eine Krankmeldung vor? Ähnlich verhält es sich dann mit den 267, die innerhalb der ersten Woche wieder aufgehört haben: mit welcher Begründung? Details bitte…
Ich kann nicht glauben, dass daran nur die “faulen Arbeitslosen” schuld sein sollen, immerhin würde das doch dem Bauernverband zu gut passen: die deutschen Arbeitslosen wollen ja nicht, also “müssen” weiterhin billige Erntehelfer aus Polen geholt werden. Klingt ja richtig schön einfach – aber so einfach ist es nur selten im richtigen Leben.
Reich werden mit 1-Euro-Jobs
Man hätte es nicht für möglich gehalten, aber man kann mit 1-Euro-Jobs richtig reich werden. Ja wirklich. Man darf nur nicht den Fehler machen und einen 1-Euro-Job selber machen, vermitteln muss man die Jobs. Nicht nur, dass man da durchaus auch mal das Doppelte von dem bekommt, was der 1-Euro-Jobber bekommt, man bekommt das auch jeden Monat und man kann ja nicht nur einen 1-Euro-Jobber vermitteln… und es macht keinen Unterschied, ob man einen oder zehn 1-Euro-Jobber “betreut”. Sind die erst mal vermittelt besteht die “Betreuung” ja anscheinend nur noch aus dem Verwalten der Zahlungen…
(via F!XMBR)