Der Einheitssteuersatz, der gar keiner ist

Alle streiten sich um den Einheitssteuersatz von Kirchhof – aber der ist ja gar keiner. Das hat er ja selber gesagt:

Auf den ersten Blick sieht es dabei so aus, als ob alle Bürger einen gleich hohen Anteil Steuern zahlen sollen. Aber tatsächlich ergeben sich deutliche Unterschiede, und zwar, weil der Steuersatz von 25 Prozent auf einen unterschiedlich großen Anteil des Einkommens angewendet wird. Die ersten 10.000 Euro sind steuerfrei – 8000 Euro Grundfreibetrag und 2000 Euro für Werbungskosten, die der Bürger nicht mehr im Einzelnen nachweisen muss. Für jedes Kind kommen 8000 Euro hinzu, und zwar ab dem ersten Schrei. Von den nächsten 5000 Euro sind 60 Prozent zu versteuern. Darauf den Steuersatz von 25 Prozent angewendet, ergibt einen Steuersatz von 15 Prozent, das ist der Eingangssteuersatz. In der zweiten Stufe werden 80 Prozent des Einkommens besteuert, im dritten Schritt dann 100. Im Ergebnis gibt es also drei Steuersätze: 15, 20 und 25 Prozent.

Also fassen wir zusammen: hinter Kirchhofs “Einheitssteuersatz” versteckt sich nichts weiter als eine Abschaffung der Steuerprivilegien, Erhöhung der steuerfreien Pauschalen, Angleichung der Steuersätze der verschiedenen Einkommensarten und Absenken der Einkommenssteuersätze. Und warum so kompliziert? Warum nicht einfach eben genau das tun, statt so einem “Einheitssteuersatz”-System bei dem der eine Steuersatz dann wieder klein gerechnet wird?

Mein Ziel ist langfristig ein Steuersystem zu schaffen, in dem Bürger und Unternehmen gleich besteuert werden und in dem es keine Rolle spielt, womit ich mein Geld verdiene.

Kirchhof will also einen Einheitssteuersatz, der eigentlich keiner ist, weil er rechnerisch für einige gesenkt wird und das hat er sich ausgedacht, weil er will, dass langfristig Unternehmer und Privatpersonen gleich besteuert werden und auch alle Einkommensarten… Und die 25%? Naja, die sind Ausgangsbasis für das Ausrechnen der wirklichen Steuerlast im Kirchhof-System und ein prima Schlagwort…

Manche kapieren es nicht

Die Diskussion um das Wahlkampfmotto des MdB Nitzsche hören nicht auf. Traurig daran ist: einige kapieren es einfach nicht, wie zum Beispiel Herr Milbradt, Sachsens Ministerpräsident:

Er habe nichts gegen die einzelnen Begriffe in Nitzsches Wahlkampfslogan “Arbeit, Familie, Vaterland”, sagte Milbradt dem Sender MDR Info.
[…] “Es wäre eine Deformation des Denkens, wenn solche Begriffe nicht mehr verwendet werden dürfen”, zitierte Milbradt seinen Amtsvorgänger Kurt Biedenkopf. Auf den Einwand, dass die Parole von der NPD benutzt worden war, erwiderte er: “Wir sollten uns davor hüten, dass bestimmte Ausdrücke wie ‘Vaterland’, nur weil sie mal von den Nazis gebraucht worden sind oder jetzt von der NPD, dann für die öffentliche Diskussion tabu sind.”

Also noch mal langsam zum Mitdenken für Herrn Milbradt: keiner will den Begriff “Vaterland” verbieten oder “Familie” oder “Arbeit” – aber diese drei zusammen in einem Slogan zu verwenden, den die NPD letztes Jahr zum Motto ihres Bundesparteitags gemacht hat (von der älteren Geschichte des Slogans abgesehen) ist nun mal nicht angebracht.
Aber es gibt zum Glück auch in der Union noch Politiker, die das Problem zumindest teilweise erkannt haben und Herrn Nitzsche jetzt auch auffordern diesen Slogan einfach sein zu lassen:

«Ich denke, wenn ein Slogan von einem Großteil der Bevölkerung falsch gedeutet werden kann, oder wenn mit diesem Slogan unrühmliche politische Ereignisse verbunden sind, dann dürfte es für einen Politiker eigentlich kein Problem sein, diesen Slogan zurückzuziehen», sagten Eggert der Netzeitung.

FDP legt zu

Diesmal nicht im Tempo beim Umfallen, sondern bei den Umfragen. Und ich gebe ja auch zu, als ich mir (zumindest teilweise) die Rede von Westerwelle zum “Auftakt der heissen Wahlkampfphase” da gestern Abend in n-tv angeschaut habe musste ich an einigen Stellen schon zustimmend nicken. Ja klar, dass mit dem Ladenschlussgesetz und dass sich der Staat doch bitte aus dem Privatkram seiner Bürger raus halten soll, Bürgerrechte usw. Hat er ja schon recht. Aber dass seine Zuhörer erst “sie alle, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer”, aber später “traditionell selbstständig” waren hat mich dann doch leicht verwirrt. Wurde das Publikum zwischen drin ausgetauscht? Egal…
Ach und noch was Herr Westerwelle: was das Dosenpfand-Desaster angeht, da sollten sie vielleicht noch mal mit ihrer zukünftigen Wunschkanzlerin und Umweltministerin a.D. (na, klingelt’s?) Angela Merkel reden, die kann ihnen da Sachen erzählen…

Kann die sich mal entscheiden?

Na Frau Merkel, so ganz unrecht hat die SPD wohl doch nicht – mit Entscheidungen haben Sie es nicht so, oder? Beispielsweise in Sachen Arbeitslosengeld II und der Angleichung des Ost-Satzes an den West-Satz oder eben der Nicht-Angleichung oder der Senkung in einigen Regionen im Westen oder jetzt doch wieder Angleichung Ost an West, aber nur wenn die Länder wollen oder wie jetzt? Aber die Länder können doch normal gar nicht entscheiden, wie viel Geld der Bund für eine Leistung ausgibt, also zumindest mal nicht so individuell… Frau Merkel, wenn Sie alle Wähler so sehr verwirren wollen, dass sie am 18.9. gar nicht mehr wissen, wen sie denn nun wählen wollten: machen Sie weiter, Sie sind auf dem besten Weg…

Die Geister, die ich rief…

Ich würde ja was wetten, dass sich Angie Merkel in der Zwischenzeit ernsthaft fragt, ob Kirchhof in ihr “Kompetenz”-Team zu holen nicht einfach eine bescheuerte Idee war. Kaum ist er drin, muss sie ihn auch schon zurück pfeifen – nur lässt er sich nicht so richtig zurück pfeifen, wie auch eine Reihe anderer Unions-Politiker. Zumindest hat er mal eine Diskussion zur Vereinfachung des Steuersystems in Gang gebracht – auch wenn man (wie ich) seinen Vorschlag einer Einheitssteuer nicht für ideal hält, zumindest die Richtung stimmt. Weg mit den komplizierten Ausnahmen und einfache Regeln und Steuersätze… Nur sollte man dabei weiterhin den Grundsatz “wer viel hat kann auch viel beitragen” bei den Steuersätzen berücksichtigen. Da mögen noch so viele schreien, es wäre gerecht, wenn alle 25% zahlen – fair ist es nun mal nicht. Vor allem würde ein Einheitssteuersatz von 25% gerade für die unteren Einkommen eine massive Steuererhöhung bedeuten (von 15 auf 25%), während es für die Spitzenverdiener eine prima Steuersenkung wäre. Was daran gerecht sein soll konnte mir bisher keiner schlüssig erklären, genau so wenig, wo da die Bezieher niedriger Einkommen profitieren sollen. “Super, es ist viel einfacher, dafür zahle ich nur noch fast das Doppelte?” Ich weiss ja nicht…

Gysi und Lafontaine entzaubern!

Das fordert Patrick Meier im Wahlblog. Es ist ja alles ganz einfach:

Wenn es den Politikern der demokratischen Parteien gelingt den Menschen klar zu machen, dass die Ziele von Lafontaine und Gysi nicht zu Wachstum und Arbeit führen, sondern zu noch mehr staatlich gelenkter Wirtschaft, dann dürfte die Linke.PDS keine Chancen haben bei der Bundestagswahl drittstärkste Kraft zu werden.

Mal ‘ne dumme Frage: Was nun aber, wenn die Leute gar kein Wachstum wollen, sondern lieber eine staatliche gelenkte (oder zumindest stärker regulierte) Wirtschaft, weil sie glauben, dass sie persönlich in so einer Umgebung das bessere Leben hätten?
Warum geht eigentlich immer jeder davon aus, dass sich alle Wähler für die Wachstums-Interessen der Wirtschaft interessieren müssten? Schon mal daran gedacht, dass es den meisten nur um ihre eigene Situation geht – und dass sich die durch größere Unternehmensgewinne (und darum geht es immer, wenn jemand von Wachstum redet) nicht zwangsläufig verbessert wissen wir ja inzwischen alle… Im Gegenteil: immer höhere Unternehmensgewinne, immer geringere Steuern für Unternehmen und trotzdem immer mehr Arbeitslose. Das sieht doch ein Blinder, dass die Formel “geht es den Unternehmen gut, dann geht es allen gut” nicht funktioniert.
Damit will ich nicht behaupten, dass das Programm der Linkspartei eine bessere Zukunft garantiert, aber es wäre zumindest mal ein anderer Versuch statt der immer gleichen Leier bei der die weiter belastet werden, die eh schon nichts oder wenig haben und offensichtlich denken so rund 10-12% der Menschen in diesem Land.

Geklaute Wahlkampfspots und Waffenhändler

Auch wenn die Chance auf einen Wahlsieg nicht besser aussehen – in Sachen Wahlwerbespot hat die SPD gewonnen. Die Kurzform: die SPD stellt einen Tag vor der Präsentation des offiziellen Wahlwerbespots der Union ihre Antwort darauf vor. Offensichtlich hat bei der Union oder deren Werbeagenturen jemand geplaudert. Was ein Spass…

Andere Probleme hat dagegen die ach so arme FDP. Die Partei ist ja so arm dran, dass sie zur Finanzierung des Wahlkampfs angefangen haben diversen Sperrmüll diverse Erinnerungsstücke ihrer Prominenz zu versteigern. Jetzt führte aber der alte Spazierstock von Otto Graf Lambsdorff aber zu Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Vorwurf: unerlaubter Waffenbesitz und gewerbsmäßiger Waffenhandel. Und das alles nur wegen einem Dolch oder Brieföffner, der mal in dem Stock eingearbeitet war… Noch mehr Spass… 😀

So kann man es auch machen

Geschickte Taktik, die Union verspricht in ihrem Wahlprogramm etwas für 2009, was die aktuelle Regierung schon dieses Jahr umsetzt. Und dementsprechend ist natürlich klar, dass die Union das Vorhaben unter einen Slogan von Kanzler Schröder aus dem Jahr 2000 stellt. Tja liebe Union, da helfen auch keine Podcasts, aber (zumindest wenn es um den Online-Bereich geht) hinkt ihr der SPD hinterher. Aber auf dem Weg könnt ihr euch bei der nächsten Wahl natürlich hinstellen und auf Eure ausgezeichnete Bilanz im Bereich E-Government verweisen: “Im letzten Wahlprogramm für 2009 versprochen und schon vor der Wahl 2005 umgesetzt”…